„Jeder Verzicht kann fruchtbar sein, für uns, für die Menschen unserer Zeit, für die Kirche und für die Schöpfung.“ Mit diesen Worten hat sich der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, in seinem jetzt veröffentlichten Hirtenwort zur Fastenzeit an die Gläubigen im Bistum gewandt.
In dem Hirtenwort geht der Bischof auf die Bedeutung des Verzichtes ein. Er macht sie anhand von drei aktuellen Themen deutlich: der Generationengerechtigkeit vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, den nationalistischen Tendenzen und der Bewahrung der Schöpfung. Das Bischofswort ist am Samstag und Sonntag, 20./21. Februar in den Gottesdiensten im Bistum verlesen worden; einige Pfarreien nutzen die Möglichkeit, es als Videobotschaft in die Gottesdienste zu übertragen.
Bischof Genn unterstreicht in seinem Hirtenwort, dass über viele Jahre und Jahrzehnte der Begriff des Fastens aus der Mode gekommen sei. Dennoch stelle sich auch heute die Frage, „was für mich und mein Leben unbedingt notwendig ist, und worauf ich auch einmal – wenigstens für eine gewisse Zeit – verzichten kann.“ Dabei hätten die vergangenen Monate der Pandemie gezeigt, dass unter Verzicht in der deutschen Sprache vor allem „das Aufgeben von Rechtsansprüchen verstanden wird.“ Von daher könne man sich im Blick auf die Pandemie fragen: „Wie groß war meine innere Bereitschaft und nicht nur der äußere Zwang, mich einschränken zu lassen?“ Im Blick auf die Rechtsansprüche richtete der Bischof den Blick auch in die Zukunft. Die nachkommenden Generationen könnten durch die Folgen der Pandemie stark belastet werden. „Die Bürde ist groß“, sagte Bischof Genn und fragte: „Was können wir jetzt dafür tun, diese Belastung für die kommenden Generationen so erträglich zu machen, dass sie auch getragen werden kann?“
In einem zweiten Punkt ging Bischof Genn darauf ein, dass die Pandemie und die weltweiten Flüchtlingsbewegungen nationalistische Tendenzen gefördert hätten. Es habe ihn „sehr nachdenklich“ gemacht, dass plötzlich wieder geistige Tendenzen erstarkt seien, von denen er geglaubt hätte, sie seien überwunden. Bischof Genn: „Wenn ein einzelner Staatsmann sein Volk als das Erste und die Spitze der ganzen Welt herausruft, oder andere Politiker, in Europa wie auch in unserem Land, selbstbewusst auf den Wert des eigenen Volkes und der eigenen Nation setzen, ist das meines Erachtens für einen Christen, der immer global und universal denkt und lebt, unerträglich.“ Es habe in den vergangenen Monaten viel europäische Solidarität gegeben, die stärker sei als die Nationalismen. „Aber es steht uns als Christinnen und Christen gut an, hier ein kritisches Auge zu bewahren und zu fragen, ob der Verzicht auf so genanntes nationalistisches Bewusstsein und die Offenheit für die Not der Menschen in anderen Kontinenten nicht geradezu zur DNA unseres Christseins gehört und deshalb von vornherein Verzicht erfordert.“
Als dritte mögliche Facette des diesjährigen Fastens sprach der Bischof den Umweltschutz und die Bewahrung der Schöpfung an. Er fragte, ob es nicht von großem Wert sei, dass gerade junge Menschen, die in der nachfolgenden Generation diese Welt gestalten sollten, höchst sensibel seien für die Entwicklungen in der Umwelt und Schöpfung. „Natürlich ist uns doch allen klar, dass es eine Bewahrung der Schöpfung nur geben kann, wenn wir bereit sind zum Verzicht“, betonte Bischof Genn. Was das konkret und im Einzelnen bedeute, könne etwa in den Räten in den Gemeinden im Bistum Münster bedacht werden.
(Original-Text: Bistum Münster)