St.-Quirinus-Kapelle in Finkenberg

In der zu Schaephuysen gehörenden Bauernschaft Finkenberg bestand schon um 1550 eine dem Hl. Quirinus geweihte Kapelle. Da sie durch kriegerische Einflüsse sehr gelitten hatte, ent-schlossen sich die Kapellen-Nachbarn mit dem damals für die Kapelle zuständigen Geistlichen, dem Rektor Johann Wilhelm Simons aus Rheurdt, im Jahre 1714 zu einem Neubau.

 

In den am 26. Februar 1714 festgelegten Bedingungen für den Neubau hieß es:

"Die Kapelle soll 40 Fuß lang und 17 1/2 Fuß breit sein, alles Binnenmaß. Die Höhe der Kapelle über der Erde ist 15 Fuß. So hoch soll also das Mauerwerk sein, das mit einer schönen Leiste blau und weiß abgesetzt wird. Das Fundament soll so tief gelegt werden, wie der Grund es leiden kann. In der Erde soll man 2 Steine gebrauchen und rundum über der Erde einen Stein. Vorne soll der Giebel in der Weise gemacht werden, wie an der Kapelle von Rheurdt, aber nach dem Verhältnis von der ganzen Kapelle. Hinten soll die Kapelle mit einem egalen Giebel hochgezogen werden und anderthalb Steine darüber der Söller, der vorne mit einem Stein über die Dachziegel hervorragt. In dem Giebel soll ein Loch im Mauerwerk sein, in welches man zwei Türen hängen kann. Über der Tür soll ein schönes ovales Fensterloch gelassen werden, ebenso auch im Söller, aber etwas kleiner. An den Seiten soll man 4 Fenster lassen, nämlich auf jeder Seite 2, nach dem Verhältnis des ganzen Werkes, wie dem Maurer auch noch besonders angegeben wird. Von außen sollen die Mauern gut in Kalk und Kreuzverband gemauert werden und nett in weiß ausgefugt sein."

 

Als Fertigstellungstermin wurde der 24. oder 25. April des gleichen Jahres bestimmt mindestens aber zu Maiabend, sodass an diesem Tage darin die hl. Messe gelesen werden kann". Den Handwerkern blieben also nur knapp zwei Monate Zeit, um die Kapelle zu erbauen. Die Baukosten beliefen sich auf 1.052 Gulden, die Einnahmen aus einem aufgenommenen Kapital, aus Spenden usw. betrugen 455 Gulden, sodass ein Defizit von 597 Gulden verblieb, um dessen Tilgung man sich in den nächsten Jahren bemühte.

 

Das Quirinusfest wurde schon seit alter Zeit am 30. April feierlich begangen. Man nannte es "Mayavend". Dann hielt ein fremder Geistlicher die Frühmesse, der Rektor aber ein feierliches Amt mit Predigt. Zu diesem Fest kamen die Bewohner der ganzen Um-gegend gerne nach Finkenberg. Nach dem Hochamt begann die Finkenberger Kirmes, die aber auf den wenigen Bauernhöfen still verlief und mehr ein Familienfest und ein Verwandtentreffen war. Der 30. April fiel manchmal auch auf den Freitag oder Samstag. Da das für die Festfeier ungünstig war, gab die Bischöfliche Behörde im Jahre 1886 dem Wunsch der Finkenberger statt, das Fest des Hl. Quirinus immer am ersten Montag im Mai feiern zu dürfen.

 

Die Quirinusfeier am 30. April hat folgenden Hintergrund:

im Jahre 1049 wurde Bruno, ein Verwandter des damals regierenden Kaisers Heinrich, zum Papst gewählt; er nahm den Namen Leo IX. an. Seine Schwester war Öbtissin in einem adeligen Damenstifi in Neuss. Sie unternahm im Jahre 1050 eine Wallfahrt nach Rom. Dabei bat sie ihren päpstlichen Bruder um Reliquien für ihr Kloster. Der Papst schenkte ihr Reliquien des HI. Quirinus zur Verehrung in Neuss. Am 30. April kam sie mit ihrem kostbaren Schatz in Neuss an, wo die Reliquien in feierlicher Prozession in die Kirche überführt wurden. Seit dieser Zeit wird der Hl. Qurinus in Neuss besonders verehrt.

 

Diese Verehrung fand aber auch in der Erzdiözese Köln - wozu das Gelderland damals gehörte - eine große Verbreitung, so daß auch die Bewohner von Finkenberg bei der Errichtung ihrer ersten Kapelle den Hl. Quirinus als ihren Patron erwählten. In einem Wandschränkchen links vom Altar wird eine Reliquie des Hl. Quirinus aufbewahrt. Daneben ist Quirinus in römischer Rüstung und der Uniform eines Tribuns dargestellt. In den Kapellenrechnungen ist diese Figur schon 1735 anlässlich einer Renovierung erwähnt. Ihm gegenüber auf der anderen Seite befindet sich eine Madonna mit Kind, die 1741 bereits in den Rechnungen genannt wird, als sie ein neues Kleid erhielt. Etwas weiter an der gleichen Wand sieht man eine schlichte Muttergottesfigur aus Eichenholz, die früher in einer Nische an der Hinterfront der Kapelle stand. Da sie dort durch Witterungseinflüsse sehr gelitten hatte, wurde sie restauriert und in die Kapelle verbracht.

 

Um die Feuchtigkeit aus der Kapelle fernzuhalten, wurde sie im Jahre 1916 verputzt und hat dadurch ihren urspranglichen Charakter als Backsteingebäude verloren. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Bild des Hl. Quirinus als römischer Hauptmann - er wurde wegen seines Bekenntnisses zum Christentum ent-hauptet - an der Vorderfront angebracht.

 

Die Finkenberger Kapelle gehörte früher - wie auch die Hubertuskirche in Schaephuysen - zur Pfarrgemeinde Aldekerk. Seit der Schaephuysener Pfarrerhebung im Jahre 1804 gehörten Finkenberg und Saelhuysen zum Pfarrbezirk Schaephuysen und seit dem 7. Juni 2012 zur Pfarrgemeinde St. Martinus.

 

Text: Theo Mäschig